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Chronifizierung von Schulterschmerzen

In einer grossangelegten britischen Studie konnte belegt werden, dass psychologische Faktoren einen grösseren Einfluss als spezifische Strukturbefunde zur Chronifizierung bei Schulterschmerzen in der akuten Phase haben. Gegenstand der Untersuchung waren 1030 Patienten mit akuten Schulterschmerzen, die sich in der Physiotherapie behandeln liessen. Insgesamt wurden 71 mögliche Faktoren untersucht. Nach 6 Wochen und 6 weiteren Monaten wurden mittels SPADI und DASH Fragebogen die Ergebnisse gemessen und verglichen. Es wurden die Zusammenhänge von Schmerz und Funktion untersucht. Die Analyse der Daten erfolgte anhand eins multivarianten, linearen Regressionsmodells.

Ausgeschlossen wurden Patienten, bei denen Schmerzen in der Schulter durch die Bewegung von Nacken oder BWS provoziert werden konnten. Postoperative Patienten und Patienten mit Radikulopathien, Frakturen oder andere Traumata wurden ebenfalls von der Studie ausgeschlossen. Für die Bildung von möglichen Prognosen wurden u.a. Kriterien wie Rauchen, Aktivitätsniveau, die eigene Heilungserwartung und Angst untersucht sowie strukturbezogene klinische Befunde herangezogen.

Die Resultate zeigten bei den prognostischen Faktoren ein gutes Ergebnis nach 6 Monaten (keine Behinderung/Schmerzen mehr). Dies setzte jedoch voraus, dass der Patient den selbstempfundenen Behinderungsgrad im Alltag als tief empfand und seine Erwartung an eine «komplette Heilung» durch die Physiotherapie entsprechend hoch war. Ebenso verhielt es sich, wenn eine höhere Selbstwirksamkeit vorhanden war und ein tiefer Ruheschmerz empfunden wurde.

Die Herausgeber der Studie sind von den Resultaten überrascht und betonen, dass es angesichts der Ergebnisse in der Therapie sehr wichtig ist, diese untersuchten Faktoren bei Patienten mit Schulterschmerzen zu berücksichtigen.

Kommentar:

Bei Rückenschmerzen ist bekannt, dass psychosoziale Aspekte die wichtigsten Faktoren sind, die zu einer Chronifizierung führen können. Dies scheint nun auch bei Schulterschmerzen der Fall zu sein, wobei der Unterschied zu Rückenschmerzstudien darin liegt, dass bei den Studien die bereits chronifizierten Patienten untersucht wurden. Diese wiesen mehr psychosoziale Faktoren auf als Patienten mit einer erfolgreichen Heilung. Es steht also die Frage im Raum, was zuerst da war. Das Huhn oder das Ei. Bei der Schulter scheint jetzt Gewissheit zu bestehen. Übrigens wird in der ZHAW im Moment eine Rückenschmerzstudie durchgeführt, die genau dieses Thema untersucht.

Chester R, Jerosch-Herold C, Lewis J, Shepstone,L: (2016): Psychological factors are associated with the outcome of physiotherapy for people with shoulder pain: a multicentre longitudinal cohort study. Br J Sports Med Published Online First: [published on July 21,] doi:10.1136